Evolutionär betrachtet
An Orten rund um den Äquator stellen Menschen das meiste Vitamin D her. Die Sonnenstärke (ein Maß für die Menge der ultravioletten Strahlung) ist dort im Durchschnitt am größten. Studien zeigen, dass Jäger und Sammler rund um den Äquator einen Vitamin-D3-Spiegel im Blut von etwa 115 nmol/l aufwiesen [1]. Mit der Migration zu Orten auf der Erde mit einem höheren Breitengrad und der Existenz von Jahreszeiten hat die Sonneneinstrahlung abgenommen. Außerdem findet ein großer Teil unserer Arbeit heute in Innenräumen statt, während wir früher meist im Freien lebten. Die Mehrheit der Bevölkerung erreicht heute noch nicht einmal die Hälfte des evolutionär festgestellten optimalen Wertes der Jäger und Sammler [2].
Synthese von Vitamin D aus Sonnenlicht
Eigentlich sollten wir Vitamin D besser als hormonähnliche Substanz bezeichnen, weil wir es unter dem Einfluss der ultravioletten Strahlung (UV-B) des Sonnenlichts selbst herstellen können. Wenn die Sonne auf unsere Haut fällt, ist die Haut in der Lage, Provitamin D aus einem Metaboliten des Cholesterols (7-Dehydrocholesterol) zu produzieren, aus dem dann Cholecalciferol (Vitamin D3) hergestellt wird.
Bei ausreichender UV-B-Bestrahlung durch Sonnenlicht ist die Eigenproduktion um ein Vielfaches höher als die Menge, die durch die Nahrung aufgenommen werden kann. Alles, was die Menge der in die Haut eindringenden UV-B-Strahlung beeinflusst, hat jedoch auch Auswirkungen auf die Produktion von Vitamin D in der Haut und damit auf den Vitamin-D-Status.
Dabei sind die Sonnenstärke (die mindestens 3 betragen muss), persönliche Faktoren (Hautpigmentierung und Alter) und sonnenbedingtes Verhalten zu bedenken. Beispielsweise kann die Haut kein Vitamin D produzieren, wenn sie mit einer Sonnencreme vom Faktor 15 oder höher eingecremt ist. Auch eine zu starke Bedeckung der Haut mit Kleidung und das Tragen einer Sonnenbrille hemmt die Vitamin D-Produktion erheblich.
Nahrungsquellen
Vitamin D2, Ergocalciferol, kommt natürlicherweise in pflanzlichen Lebensmitteln und Schimmelpilzen (z.B. Pilzen, Hefe und Käse) vor. Vitamin D3, Cholecalciferol, kommt in Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor, wie z. B. in fettem Fisch, Lebertran und Eiern. Dabei handelt es sich um die gleiche Form, die in der Haut produziert wird, nachdem sie ultravioletten Strahlen ausgesetzt war.
Vitamin D3 ist effizienter bei der Erhöhung des Vitamin-D-Status als D2 [3]. Dennoch ist es fast unmöglich, genügend Vitamin D aus Lebensmitteln zu gewinnen, selbst nach Zugabe von Vitamin D zu Lebensmitteln wie Margarine, Halbfettmargarine und streichfähigem Back- und Bratfett.
Aktivierung über Hydroxylierung
Cholecalciferol (D3) wird nach der Synthese in der Haut an das sogenannte Vitamin D-bindende Protein gebunden und über das Blut zur Leber transportiert. Die Vitamine D2 und D3 aus der Nahrung werden nach der Resorption hauptsächlich durch Chylomikrone (Lipoproteine) transportiert und gelangen so über das Lymphsystem zur Leber. Die Leber ist der Hauptspeicher für Cholecalciferol und Ergocalciferol, aber wird auch im Fett- und Muskelgewebe gespeichert.
Bevor Vitamin D seine physiologische Funktion ausüben kann, muss es zunächst aktiviert werden. Diese Aktivierung erfolgt in zwei Schritten (zwei Hydroxylierungsreaktionen):
Schritt 1: Bildung von Calcidiol
Insbesondere in der Leber, aber auch in einer Reihe anderer Körpergewebe, sind Vitamin D2 und D3 an Position 25 hydroxyliert. Dabei entsteht Calcidiol (25-Hydroxyvitamin D). Calcidiol hat nur eine geringe biologische Aktivität, aber da Vitamin D in dieser Form am häufigsten im Blutkreislauf vorkommt, wird Calcidiol häufig als Indikator zur Messung des Vitamin-D-Status verwendet [4,5].
Schritt 2: Bildung von Calcitriol
Calcidiol wird dann zu den Nieren transportiert, wo schließlich ein weiterer Hydroxylierungsschritt stattfindet und das aktive Hormon Calcitriol (1α,255-Dihydroxycholecalciferol) gebildet wird. Die Bildung von Calcitriol wird durch das Parathormon aus der Nebenschilddrüse und durch einen niedrigen Phosphorgehalt im Blut angeregt. Die Aktivierung wird durch hohe Calcium- oder Calcitriol-Konzentrationen im Blut und das Hormon FGF23 (Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23) gehemmt. Dieser zweite Schritt findet hauptsächlich in den Nieren, aber auch in Haut, Nebenschilddrüse, Brust, Dickdarm, Prostata sowie in Zellen des Immunsystems und Knochenzellen statt [6].